Rat Cars – zerstörst du schon oder polierst du noch?
Wenn es um des Deutschen liebstes Kind, das Auto, geht, kann es ja bekanntlich meistens nicht neu, modern oder extravagant genug sein: Glänzender Lack, polierte Felgen und möglichst viele Pferde unter der Haube machen das Auto für viele Menschen zum Statussymbol. Es gibt allerdings einen ganz besonderen Trend, der mit diesem ganzen Gehabe nichts zu tun haben möchte – Stichwort „Rat Cars“. So heißen die maroden Fahrzeuge, bei denen vor allem eins zählt: Rost. Der ursprünglich aus den USA stammende Style ist mittlerweile auch in Veitshöchheim angekommen. Wir haben uns mit einem Rat Car-Liebhaber aus der Gegend unterhalten, der uns in die Welt der hippen Schrottkisten entführte.
Demolition Man
Ein Bobby-Car steht auf dem Dach, Kronkorken schmücken den Innenraum und ein alter Teddybär ist an der Stoßstange befestigt: Beim Auto von Jack Heintges weiß man nicht, wohin man zuerst schauen soll. Die Einzigartigkeit seines Gefährts basiert mehr oder minder auf Destruktion – Glanz und Lack sind nicht gefragt. Vielmehr beruht das, was sein Kunstwerk von „normalen“ ausrangierten Autos unterscheidet, auf gezielt platzierten Accessoires und permanenter Veränderung.
Jäger und Recycler
Seit einem Jahr schraubt und bastelt der gebürtige Mönchengladbacher bereits an seinem Ratten-Mobil. Fertig wird sein Auto jedoch nie sein, erklärt uns der 26-Jährige
mit einem Lächeln. „Es kommt ständig was dazu, mir fallen immer wieder neue Ideen ein, die ich dann auch gleich umsetzen muss“, erzählt Jack. Viel Geld muss er dabei nicht in sein Hobby stecken – die Devise lautet „suchen und recyceln“. Das Radio wurde beispielsweise vom Bauhof gerettet, das rote Bobby-Car spendete die Nachbarin.
Lack und Salz – Rost erhalt’s
„Angefangen hat alles im Oktober letzten Jahres“, erklärt uns Rat Jack, wie er sich im Internet nennt. Der VW Polo sollte zunächst als ganz normales Auto seine Dienste leisten, bis diesem Vorhaben ein Parkschaden in die Quere kam. Nachdem sein fahrbarer Untersatz bereits demoliert war, reifte in Jack schnell der Beschluss, aus seinem Polo kurzerhand ein echtes Rat Car zu machen. Gesagt, getan: Jack schliff den Lack ab, „lackierte“ mit etwas Salzwasser und Essig nach – und die rostige Karosserie war geboren.
Rost Beef
Ein Auto, das auffällt, Spaß macht und zugleich praktisch ist – dass dies für Jack keine Widersprüche sind, zeigt bereits ein Blick auf das Fass auf dem Dach seines Polo. Das veraltete Fässchen thront dort nicht nur aus dekorativen Gründen, sondern stellt einen ausgeklügelten Grill dar. „Im Sommer bin ich viel auf Autotreffen unterwegs gewesen, die meistens über ein ganzes Wochenende gehen. Da braucht man natürlich was zu essen“, erklärt uns Jack die Idee hinter dem klappbaren Grill.
Ein Haufen Spaß muss sein …
Viele Rat Car-Veranstaltungen gibt es aktuell noch nicht in Deutschland. Dennoch macht Jack etwa zwei Mal im Monat das Auto startklar und besucht diverse Events. „Da können hin und zurück schon mal 1.000 Kilometer zusammenkommen“, sagt uns der Hobby-Bastler. Die Veranstaltungen fänden allerdings rein zum Spaß statt, lukrative Gewinne brauche man sich dort nicht zu erhoffen. Lediglich die Spaß-Auszeichnungen „Das klapprigste Auto“ und „Der meiste Rost“ seien abzustauben. Doch darum geht es Jack auch nicht. „Mir ist es relativ egal, ob ich einen Pokal im Schrank stehen hab. Fun, neue Leute kennenlernen und sich an den coolen Karren erfreuen, das ist es, was den Reiz dieser Treffen ausmacht.“ Momentan tüftelt Jack Heintges wieder an einer neuen Idee – worauf wir uns freuen dürfen, möchte er noch nicht verraten, es bleibt also spannend!
Text: Sabrina Muth; Fotos: Dominik Ziegler