Job gekündigt und Rucksack gepackt: Mein Abenteuer in Galizien.Manchmal muss man im Leben einfach unvernünftig sein. Einfach mal machen, was das Herz sagt: Den Job kündigen, das WG-Zimmer zwischenvermieten, den Rucksack packen, ein Flugticket buchen und los, ab ins Ungewisse!
Genau das habe ich im vergangenen Jahr getan. Ich wollte eine Auszeit vom 9-to-5-Joballtag, am Meer leben, das Leben mehr genießen und meiner Vernunft mal ein Time-Out verpassen. Denn mal ehrlich: Schließlich ist es doch das Vernünftigste, auf das eigene Gefühl zu hören und das zu tun, was sich gerade gut anfühlt. Klar, das ist oft gar nicht so einfach. Schließlich schwirren in unserem Hirn gerne einmal Worte wie Absicherung, Geld, Existenz oder gar Rente herum – aber hey, manchmal muss man sein hübsches Köpfchen auch mal aus- und das Herz anschalten.
Ab und weg: Auf nach Galicia!
Und während andere in meinem Freundeskreis Kinder kriegen oder Häuschen bauen, lasse ich einfach alles hinter mir. Ich kannte da jemanden, der jemanden kennt und fand mich schneller als gedacht in Spanien wieder. Genauer gesagt in einem Surfcamp nahe Ferrol im bezaubernden Galizien, eine Autostunde von der Pilgerhochburg Santiago de Compostela entfernt. Dort stand nicht nur Surfen für mich und den Rest der fünfköpfigen WAVEROCKER Crew auf dem Programm, sondern auch einiges an Work: Tom organisierte, Manu kochte, Dave lehrte, Janine und ich sorgten als Housekeeperinnen für den ganzen Rest. Sprich: Wir kümmerten uns um die Gäste, machten Frühstück, bezogen unzählige Betten, wuschen Wäsche, füllten hunderte Male die Spülmaschine und sorgten für Ordnung; zumindest irgendwie. Woche für Woche. Mit bis zu 24 Gästen war es oft eine etwas größere Herausforderung, im Chaos den Überblick zu behalten. Aber das ist eine andere Geschichte. Was ich in diesem Zusammenhang aber noch sagen muss – denn ich finde das Wort „Gäste“ eigentlich ziemlich unpassend: Viele der Menschen, die uns dort im Camp besucht haben, waren viel mehr als „nur“ Gäste. Wir haben gelacht, gefeiert und auch geweint. Und so sind viele inzwischen zu echten Herzensmenschen geworden, die ich in meinem Leben nicht mehr missen möchte.
Da wundert auch Folgendes nicht: Ich wollte ursprünglich nur zweieinhalb Monate bleiben. Doch schon nach Woche zwei verlängerte ich auf fünf, kurz darauf dann auf acht Monate. Ich wollte nicht gehen, fühlte mich rundum wohl und würde mich auch jetzt am liebsten sofort wieder dorthin zurück beamen. Gut, dass mich ein Flugzeug schon bald wieder dorthin bringen wird, schließlich ist das kleine Örtchen Covas in der Nähe von Ferrol so etwas wie ein Zuhause für mich geworden. Weil es dort so einzigartig schön ist, möchte ich meinen LIEBEN NACHBARN hier in Würzburg gern ein bisschen etwas über meine Lieblingsorte in Galizien erzählen.
Beach, Baby!
Die Menschen, das Essen, die Natur, der Lifestyle – Galizien, diese nord-westliche Ecke Spaniens, hat mir einfach den Kopf verdreht. Aber vor allem die Strände sind unbeschreiblich – und für alle Surfer ein echtes Paradies. Egal, welcher Swell, egal welcher Wind, egal welche Tide – hier findet sich immer eine surfbare Welle. Verantwortlich dafür ist die unterschiedliche Ausrichtung der über zehn Strände, die alle in einem Umkreis von knapp 30 Kilometern liegen. Sprich: Wer auf Wellenjagd liegt ist hier genau richtig – nicht umsonst füllt sich das Line-up schnell mit jeder Menge Locals, wenn es dann mal richtig läuft. Besonders beliebt: der Strandabschnitt namens Doñinos, den man über einen großen Parkplatz erreichen kann. By the way: Dieser ist für Camper und Busse ausgelegt – im Sommer gibt’s sogar Duschen und Toiletten sowie eine süße kleine Strandbar mit mega feinen Burgern. Just perfect – was will das (Surfer-)Herz mehr?
Das Ende der Welt
Das ist aber noch nicht alles: Die Gegend hat noch einiges mehr zu bieten. Klar, wie schon gesagt, natürlich in erster Linie Strände, Strände, Strände. Aber es soll sie auch geben, die Momente, in denen einem auch mal nicht so nach Wellenjagd ist. Dann empfiehlt sich ein kleiner Ausflug zum Cabo Prior: einem Ort, der dem Besucher mit seiner Schönheit wirklich den Atem raubt und sich ein bisschen wie das Ende der Welt anfühlt. Die Klippen am Kap fallen schroff circa 100 Meter ins Meer hinab – und könnte man bis zum nächsten Ufer gucken, würde dort wohl New York City liegen.
Aber am Cabo Prior wird man nicht nur mit Aussicht belohnt; außerdem befinden sich dort ein Leuchtturm (seit 1853 in Betrieb), eine aufgegebene Kaserne inklusive Bunker sowie zahlreiche kleine Trampelpfade, Tunnel und alte Gemäuer. Das Ganze hat etwas Mystisches und lädt förmlich ein, entdeckt zu werden. Rumkraxeln also absolut erlaubt!
Nordgalicia by Nature: Wald statt Strand
Ein weiterer Lieblingsort, der mein Herz im Sturm erobert hat, ist das 2.500 Hektar große Naturschutzgebiet Fragas de Eume. Hier könnte ich Stunden, nein, sogar Tage oder Wochen verbringen. Mit seinem nach Eukalyptus duftenden Wald, dem türkisfarbenem Fluss und der entspannenden Ruhe ist das Gebiet einfach magisch, ein Ort der Ruhe, der berührt. Hier kann man stundenlang durch den Wald schlendern, im Fluss mit dem Kanu umherpaddeln oder mit einem E-Bike herumdüsen – bis zu einem alten Kloster. Wer es lieber ruhiger angehen lassen möchte, auch kein Ding: An mehreren Parkplätzen stellt man einfach seinen Wagen ab und picknickt oder brutzelt seine Chorizos – Sitzplätze inklusive Grillstellen sind vorhanden. Diese Galizier denken einfach an alles …
Viva Ferrol: Nicht schön, aber besonders
Natürlich sollte auch der ein oder andere Städtetrip in Galizien mit dabei sein – denn spanische Städte versprühen einen unglaublich emotionalen Spirit. Klar, wenn man schon einmal in der Ecke ist, sollte man unbedingt A Coruña oder auch Santiago de Compostela besuchen. Wobei letztere Stadt fest in Pilgerhand ist – das mag man, oder eben auch nicht. Mein Herz aber schlägt für Ferrol, eine Stadt, die circa 15 Autominuten von unserem Camp entfernt liegt. Hafenstädte haben ja nicht unbedingt immer einen guten Ruf und strotzen meist nicht vor Schönheit – aber wer galizisches Flair von seiner intensivsten Seite haben will, nix wie auf nach Ferrol! Mein Tipp: Erst ein bisschen durch die Gässchen schlendern, dann lecker typisch galizisch dinieren – inklusive Percebes (Entenmuscheln), Pulpo (gekochter Oktopus) und meinem Alltime-Favourite Pimientos de Padrón (gegrillte, manchmal scharfe Paprikaschoten) – sich dann ein paar Chupitos (Schnäpschen) gönnen und dann so ab circa 1.30 Uhr das Nachtleben genießen. Und das hat es in sich. Feurig, fröhlich, unbeschreiblich. Bis 9 Uhr morgens durchtanzen ist keine Seltenheit. Kein Weg führt dabei übrigens am Super8 vorbei, meinem Lieblingsclub. Falls ihr es einmal dorthin schafft, wünscht euch beim DJ den Song „Can’t stop the Feeling“, grüßt den Guten lieb von mir und wartet, was passiert. Oh Galizien, Du bist wunderbar!
Text/Fotos:
Julia packt gerne ihren Backpack. Sie liebt es, unterwegs zu sein – egal, ob mit dem Bus, dem Zug, dem Flieger oder zu Fuß. Gut nur, dass sie ihren Job als freiberufliche Texterin so einfach mit dem Reisen verbinden kann. Nichtsdestotrotz freut sie sich immer wieder auf Würzburg. Home is where your heart is. Und so!