NACHBARN, SEHEN-HÖREN-FÜHLEN

Lieder-Nachbarn-Abend

Ein geheimes Wohnzimmerkonzert in deiner WG?

Es ist immer sehr schwierig, Musik in Worte zu fassen … und dann noch die eigene … ein Versuch: wie klingt denn euer neues Album? Ja, es ist auf jeden Fall schwierig, dem Ganzen mit ein paar Worten einen Stempel aufzudrücken. Was auf jeden Fall auffällt ist, dass wir die Trennlinie zwischen klassischer Band und elektronischer Musik immer weiter verschwimmen lassen. Wir versuchen da bewusst auch eine Gratwanderung und vermischen Synthesizer mit vielen akustischen Instrumenten. Wir machen mittlerweile auch solange zu dritt Musik, dass wir wissen: Wenn wir einen Song zusammen schreiben, dann wird er immer diese leicht melancholische Stimmung haben, ohne dabei tieftraurig zu werden.

Um welche Themen drehen sich denn eure Texte hauptsächlich? Auf jeden Fall um Dinge, die uns aktuell beschäftigen. Viele Gedanken darüber, wie sich unsere Gesellschaft aktuell verändert und sich auch in Zukunft noch verändern wird. Generell ist unsere Musik eher in die Zukunft gerichtet als in die Vergangenheit. Die Digitalisierung ist auf jeden Fall ein Thema – und wo sie an ihre Grenzen stößt, weil wir ja immer noch alle Menschen sind und nicht aus Code bestehen. Der Albumtitel „analogue heart // digital brain“ spielt  auch darauf an. Die meisten Texte sind morgens in Dänemark in liegender Position am Strand entstanden. Ich bilde mir manchmal ein, dass man diese Leichtigkeit zwischen den Zeilen raushört.

Wie ist eure neue Platte entstanden? wie kann man sich das vorstellen? wie lange dauert so etwas? Der Prozess bei uns dauert schon immer ziemlich lange. Jeder werkelt zuhause alleine immer ein bisschen an neuen Ideen. Meistens ganz kleine Parts und dann setzen wir uns zusammen und versuchen, einen Song daraus zu machen. Und bei manchen Songs für das Album hat das dann auch schonmal ein bis zwei Jahre gedauert von der ersten Idee bis zum fertigen Song. Wir haben uns dann nochmal zwei Wochen in einer Strandhütte in Dänemark eingemietet und versucht, aus allen Songideen der vergangenen 24 Monate ein Album zu gießen. Als wir dann an dem Punkt angekommen waren, an dem wir zehn bis zwölf Tracks hatten, die für uns fertig waren, konnten wir ins Studio und das Ganze aufnehmen.

Ihr habt auch neue Videos produziert. wie lief das mit dem Dreh un dem drumherum? Plaudert mal ein bisschen aus dem nähkästchen … Lukas Kunzmann, ein guter Freund von uns, hat in Zusammenarbeit mit Jürgen Daßing vom Tonstudio Würzburg, wo wir auch unser Album aufgenommen haben, die beiden Musikvideos gedreht. Für das erste Video zu „Hidden People“ waren sie sogar in Irland, um dort am Meer zu drehen. Für das Video zur zweiten Single „Retrofuturism“ haben wir hier in der Nähe von Würzburg drei Schauspieler in einem künstlichen Wasserfall bei eiskalten Temperaturen abgeseilt. Das war auf jeden Fall eine ziemlich verrückte Aktion.

Was macht Ihr außer Musik so im normalen Leben? Studiert ihr noch? Basti und Max studieren noch hier in Würzburg. Jannis arbeitet nebenbei. Aber in die Musik investieren wir alle auf jeden Fall eine Menge Zeit.

Wo seht Ihr euch in zehn Jahren? Falls in zehn Jahren noch kein Google-Algorithmus Musik für alle Menschen komponiert, würden wir das gerne tun. Heißt: In zehn Jahren wollen wir auf jeden Fall immer noch zusammen Musik machen, hoffentlich auf möglichst großen Bühnen.

Was war euer schlimmster Auftritt? Die Geschichte haben wir zwar schon öfter erzählt, aber sie passt auch einfach immer wieder ganz gut zu der Frage: Wir hatten vor einiger Zeit mal einen Auftritt bei einem Festival irgendwo im nirgendwo in der tiefsten Rhön angenommen. Die Bühne war groß, technisch gut ausgestattet und auch die Gage hat gepasst, aber wir hatten uns vorher das Line-up nicht angeschaut. Außer uns waren nur Metal- und Gothic-Bands am Start, wie wir dann bei unserer Ankunft gemerkt haben. Nach unserem ersten Song haben kleine fünfjährige Kinder aus dem Dorf uns übel beschimpft und und lautstark nach ihrer Lieblingsmetalband verlangt. Seitdem haben wir musikalisch einen großen Bogen um die Rhön gemacht …

Vielen Dank für das Interview!
Interview: Nico Manger; Foto: Marie Le Quan

Ihr wollt auch mal einen LIEDER-NACHBARN-ABEND in Eurem WG-Wohnzimmer, in Eurer Küche, auf dem Balkon oder im Garten? Dann schreibt uns an kontakt@liebe-nachbarn.net Wir kommen mit Band, Anlage & Bier und bereiten Euch einen unvergesslichen Abend!